Gericht untersagt Lobbyismus-Vorwurf und unzutreffenden Eindruck das IZA informiere nicht über seine private Finanzierung (Vorwurf der „Tarnkappenwissenschaft“) unter Strafandrohung und bewertet weitere Aussagen als reine Meinungsäußerungen, nicht als Tatsachenbehauptungen. Die Beklagten erklären, diese Meinungsäußerungen nicht in gleicher Form wiederholen zu wollen.
Im Gegensatz zum herrschenden Wissenschaftsverständnis und dem Wissenschaftsverständnis des IZA hatten die Beklagten während des Prozesses ausgeführt, dass es in ihrem Verständnis Wissenschaft ohne „jede Interessensbindung oder Interessensverpflichtung“ gar nicht gebe. Eine solche interessensgeleitete Wissenschaft widerspricht jedoch gänzlich den ethischen Prinzipien des IZA.
Das IZA bestehe, so der Vorwurf der Beklagten, aus Tarnkappenwissenschaftlern, die unter dem Mantel der Wissenschaft Interessen der Wirtschaft geheim transportieren, da nicht über die private Finanzierung informiert würde. Dieser absurden und faktenwidrigen Einschätzung war das IZA, das ergebnisoffen und transparent agiert, entschieden entgegengetreten.
Mit Urteil vom 06.02.2015 hat das Landgericht Hamburg es den Beklagten, Herrn Dr. Rügemer und dem Herausgeber des Online-Angebots NRhZ-Online, nun untersagt, in Bezug auf das IZA zu äußern und/oder äußern zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, dieses betreibe
– Lobbying und
– durch bestimmte Textpassagen den Eindruck zu erwecken, dass das IZA nicht über seine private Finanzierung informiere.
Damit ist die zentrale Doppel-These der Lobby-Tarnkappenwissenschaftler gerichtlich zurückgewiesen worden. Somit wurde in den genannten zwei Punkten dem IZA vollumfänglich Recht gegeben. Das Gericht hat festgestellt, dass der vermittelte Eindruck “unwahr” ist und “das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin [verletzt]” wird. Es handele sich um eine “ehrverletzende” Behauptung.
Hinsichtlich der weiteren Aussagen, das IZA bezeichne sich „faktenwidrig als ‚unabhängig‘“ und „von ‚freier Wissenschaft‘ kann hier allerdings beim besten Willen nicht gesprochen werden“, hat das IZA die Klarstellung erwirkt, dass diese Aussagen als Meinungsäußerungen, aber nicht als Tatsachenbehauptungen zu verstehen und deshalb als zulässig zu bewerten sind. Das Gericht hat betont, dass hiermit selbstverständlich keine Aussage darüber getroffen wird, ob das IZA tatsächlich unabhängig ist oder ob seine wissenschaftliche Arbeit frei ist. Fakt ist, dass das IZA keinen Einflüssen Dritter ausgesetzt ist und sich nur der Wissenschaft verpflichtet hat. Der Beklagtenvertreter hatte außerdem vor Gericht klargestellt, dass die Beklagten die streitgegenständlichen Aussagen in dieser Form zukünftig nicht mehr veröffentlichen werden. Sie hätten auch nicht behaupten wollen, dass Gefälligkeitsgutachten erstellt würden oder Vorgaben gefolgt werde.
Des Weiteren wurde die Widerklage der Beklagten durch das Landgericht ebenfalls abgewiesen.
Die Beklagten tragen die Prozesskosten zu 60%, das IZA zu 40%. Die Kostenverteilung ist ein klares Indiz für das Prozessergebnis.
Das Klageverfahren konnte deshalb erstinstanzlich sehr erfolgreich für das IZA abgeschlossen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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Mit Urteil vom 06.02.2015 hat das Landgericht Hamburg es den Beklagten, Herrn Dr. Rügemer und dem Herausgeber des Online-Angebots NRhZ-Online, untersagt, in Bezug auf das IZA zu äußern und/oder äußern zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, dieses betreibe Lobbying.
Weiter hat es den Beklagten untersagt, durch bestimmte Textpassagen den Eindruck zu erwecken, dass das IZA nicht über seine private Finanzierung informiere.
Gegenstand des Klageverfahrens waren Äußerungen in einem Artikel mit der Überschrift „Die unterwanderte Demokratie – der Marsch der Lobbyisten durch die Institutionen“, der unter anderem in dem Online-Angebot www.nrhz.de veröffentlicht worden war. In dieser Berichterstattung hieß es unter anderem, das IZA bezeichne sich „faktenwidrig als ‚unabhängig‘“ und „von ‚freier Wissenschaft‘ kann hier allerdings beim besten Willen nicht gesprochen werden.“ Weiter wurde dem IZA durch die Berichterstattung unterstellt, es betreibe Lobbying. Durch bestimmte Textpassagen wurde der Eindruck erweckt, das IZA informiere nicht über seine private Finanzierung. Dieser unzutreffende Eindruck diente im Rahmen der Berichterstattung als vermeintlicher Beleg für die These, das IZA betreibe Tarnkappenwissenschaft.
Das IZA verwehrt sich gegen diese Vorwürfe. Das IZA ist keinen Einflüssen Dritter ausgesetzt und hat sich nur der Wissenschaft verpflichtet. Es führt seine wissenschaftlichen und evidenzbasierten Projekte transparent und ergebnisoffen durch.
In seinem Urteil führt das Landgericht Hamburg hinsichtlich des Lobbyismus-Vorwurfs unter anderem aus:
„Denn der durchschnittliche Leser versteht die Berichterstattung gerade dahingehend, dass Konzerne ihre Interessenvertretung gezielt durch Finanzierung und entsprechende Konstruktion eines Instituts betreiben und dies zu verschleiern suchen […].
Unter Zugrundelegung eines solchen Begriffsverständnisses fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkten für die streitgegenständliche Meinungsäußerung. […] Die insoweit beweisbelasteten Beklagten haben eine gezielte Interessenvertretung der Klägerin zugunsten der Deutsche Post-Stiftung, die einen entsprechenden Anknüpfungspunkt für die Meinungsäußerung darstellen könnte, nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt – nach ihrer Rechtsauffassung behaupten sie entsprechendes ja auch nicht.“
Die Beklagten hatten in ihrem Beitrag die These von der Unterwanderung staatlicher Institutionen durch Lobbyisten mit wirtschaftlichen Interessen geltend machen wollen (Tarnkappenwissenschaft). In der Berichterstattung wird das IZA , wie das Gericht zusammenfassend feststellt hat, als einer der vermeintlichen Fälle “identifiziert” in denen “die private Finanzierung der Öffentlichkeit völlig unbekannt” (so die unzutreffende Behauptung der Beklagten) bleibe. Das Landgericht hat diese Darstellung als unwahr und ehrverletzend untersagt. Denn wie das Gericht zutreffend feststellt hat, informiert das IZA u.a. bereits auf der Startseite seines Internetauftritts über seine private Finanzierung im Rahmen des Wissenschaftssponsoring der Deutschen Post-Stiftung.
Der Vorwurf „des unsichtbaren Lobbyings unter staatlichem Siegel“ entbehrt auch deshalb jeder Tatsachengrundlage.
Weiter hat das Landgericht Hamburg deutlich hervorgehoben, dass es sich bei den Begriffen „unabhängig“ und „freie Wissenschaft“ um wertende Angaben handelt, die vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind. Es handele sich mithin um Meinungsäußerungen und nicht um Tatsachenbehauptungen.
„Die Frage, ob ein Institut unabhängig ist oder die betriebene Wissenschaft als ‚frei‘ zu charakterisieren ist, kann nicht im Wege einer Beweisaufnahme geklärt werden, da die Begriffe subjektiv jeweils geprägt sind. So können keine allgemeingültigen Voraussetzungen hierfür festgelegt werden, bei deren Vorliegen keinesfalls von ‚frei‘ oder ‚unabhängig‘ ausgegangen werden könnte, da die Bewertung bei jedem Einzelnen unterschiedlich ausfallen kann.“
Insoweit hat das Landgericht insbesondere deutlich gemacht, dass es sich bei den streitgegenständlichen Aussagen nicht um Tatsachenfeststellungen handelt:
„Hiermit wird selbstverständlich keine Aussage darüber getroffen, ob die Klägerin tatsächlich unabhängig ist oder ob ihre wissenschaftliche Arbeit frei ist.“
Die Äußerungen „faktenwidrig bezeichnet es sich als ‚unabhängig‘“ und „von ‚freier Wissenschaft‘ kann hier allerdings beim besten Willen nicht gesprochen werden“, sind nach der Bewertung des Landgerichts Hamburg nicht etwa zulässig, weil es sich um zutreffende Tatsachenbehauptungen handeln würde. Die Äußerungen sind als Meinungsäußerungen bewertet und als noch zulässig erachtet worden. Ob die mitgeteilte Meinung richtig oder falsch ist hat das Landgericht nicht entschieden.
Für die Einordnung und Bewertung der Meinungsäußerungen sind nach Auffassung des IZA insbesondere die Klarstellungen der Beklagten zu berücksichtigen.
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hatte im Prozess klargestellt, die Beklagten hätten mit dem streitgegenständlichen Beitrag nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass das IZA Gefälligkeitsgutachten erstattet habe oder Vorgaben folge. Nach Ansicht der Beklagten sei dies in dem Artikel nicht zum Ausdruck gekommen. Der Beklagtenvertreter hatte außerdem klargestellt, dass die Beklagten die streitgegenständlichen Aussagen in dieser Form zukünftig nicht mehr veröffentlichen werden.
Mit diesen Klarstellungen und dem Verbot der Äußerungen, das IZA betreibe Lobbying und informiere nicht über seine private Finanzierung, sind die wesentlichen Ziele des Klageverfahrens erreicht. Das Klageverfahren konnte deshalb erstinstanzlich vor dem Landgericht Hamburg sehr erfolgreich für das IZA abgeschlossen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.