Am 10.10.2014 fand der letzte Verhandlungstermin des anhängigen Klageverfahrens vor dem Landgericht Hamburg (Az.: 324 O 19/14) statt. Eine Entscheidung des Gerichts wird am 27.11.2014 erwartet.
Dieses Klageverfahren war entstanden, als Werner Rügemer, Autor des Artikels “Die unterwanderte Demokratie – Der Marsch der Lobbyisten durch die Institutionen”, der unter anderem in dem Online-Angebot www.nrhz.de veröffentlicht wurde, und der Herausgeber dieses Online-Angebots eine durch das Landgericht Hamburg erlassene einstweilige Verfügung (Az.: 324 O 541/13) gegen diesen Artikel nicht akzeptieren wollten.
Das Hamburger Landgericht hatte untersagt, unter Bezugnahme auf das IZA zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:
– “Faktenwidrig bezeichnet es sich als ‘unabhängig’.”
–“Von ‘freier Wissenschaft’ kann hier allerdings beim besten Willen nicht gesprochen werden.”
– Es “betreibt Lobbying”.
Weiter hatte es untersagt, durch bestimmte Textpassagen den Eindruck zu erwecken, dass das IZA “nicht über seine private Finanzierung informiert.”
Das IZA ist keinen Einflüssen Dritter ausgesetzt ist und hat sich nur der Wissenschaft verpflichtet. Auf die Wissenschaftsförderung der Deutschen Post-Stiftung wird transparent hingewiesen.
Am ersten Verhandlungstag hatte das Gericht erläutert, die Äußerungen von Herrn Rügemer könnten auch dahingehend verstanden werden, dass das IZA im Interesse von Auftraggebern oder Förderern Gefälligkeitsgutachten erstelle bzw. Vorgaben Dritter erfülle.
Herr Rügemer räumte vor Gericht ein und gab zu Protokoll, dass er in dem Beitrag diese Vorwürfe nicht habe zum Ausdruck bringen wollen, also dass das IZA keine Gefälligkeitsgutachten erstelle und nicht Vorgaben Dritter folge.
Auch dass das IZA auf seine Finanzierung durch die Deutsche Post-Stiftung hinweist, stand außer Frage.
Ein wesentliches Ziel des Klageverfahrens ist damit erreicht.
Entscheidungsrelevant ist die Frage, welches Verständnis der Äußerungen richtigerweise zu Grunde gelegt werden muss. Es geht aber auch um die Frage, ob die angegriffenen Formulierungen als Meinung und nicht als Tatsachenbehauptungen erkennbar waren und deshalb zulässig wären.
Auch eine Meinungsäußerung darf aber Grenzen der Anständigkeit nicht verletzen, muss sich auf belastbare Tatsachen stützen lassen und kann nicht die zentralen Prinzipien einer Institution unhaltbar angreifen.
Das Gericht ließ in der heutigen Verhandlung erkennen, dass es derzeit dazu tendiere, die Äußerung das IZA betreibe „Lobbying“ auch weiterhin zu untersagen. Den Beklagten wird es voraussichtlich ebenfalls untersagt bleiben, durch bestimmte Textpassagen den Eindruck zu erwecken, das IZA informiere nicht über seine private Finanzierung.
Hinsichtlich der Äußerungen, das IZA bezeichne sich „faktenwidrig als ‚unabhängig‘“ und „von ‚freier Wissenschaft‘ kann hier allerdings beim besten Willen nicht gesprochen werden“, wies das Gericht nochmals darauf hin, dass es sich um mehrdeutige Äußerungen handele. Insoweit bedürfe es einer deutlichen, über die in im ersten Verhandlungstermin abgegebene Erklärung hinausgehenden Klarstellung der Beklagten. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten stellte nochmals klar, die Beklagten hätten mit dem Beitrag nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass Gefälligkeitsgutachten erstattet werden oder Vorgaben gefolgt wird. Nach Ansicht der Beklagten sei dies in dem Artikel nicht zum Ausdruck gekommen. Der Beklagtenvertreter stellte – dem Hinweis des Gerichts folgend – weiter klar, dass die Beklagten die streitgegenständlichen Aussagen in dieser Form zukünftig nicht mehr veröffentlichen werden. Das Gericht signalisierte, dass es aufgrund der ergänzten Klarstellung dazu neige, einen auf diese mehrdeutigen Äußerungen bezogenen Unterlassungsanspruch zu verneinen.
Weiter ließ das Gericht erkennen, dass es dazu tendiere, eine von den Beklagten erhobene Hilfswiderklage als unbegründet abzuweisen.
Das IZA ist ein in Deutschland ansässiges, unabhängiges wissenschaftliches, transparentes und als gemeinnützig anerkanntes Forschungsinstitut mit einem globalen Forschungs- und Beratungsauftrag. Es ist auch das größte Forschernetzwerk von Ökonomen, das weltweit über 1300 Wissenschaftler aus 50 Ländern zusammenführt und ihre Forschungs- und Beratungsbeiträge zu allen Fragen der Arbeitsökonomie kommuniziert. So sind seit 1998 beispielsweise weit über 8000 Diskussionspapiere in der IZA Discussion Paper Series erschienen. Der Forschungsoutput des IZA etwa in Form der IZA Discussion Paper Series reflektiert den breiten Stand arbeitsmarktökonomischen Denkens und Wissens auf der Welt und somit auch wie selbstverständlich die Vielfalt alternativer wissenschaftlicher Ansätze. Die renommierte wirtschaftswissenschaftliche Ranking-Organisation RePEc führt das IZA als Nr. 1 der wirtschaftswissenschaftlichen Institutionen Deutschlands.
Das IZA ist durch seine Konstruktionsprinzipien in einer einzigartigen Weise unabhängig und transparent. Dank einer soliden Grundfinanzierung (Wissenschaftsförderung) durch die Deutsche Post-Stiftung ist das IZA unabhängig von Auftragsforschung. Daher ist es dem IZA möglich, seine wissenschaftliche Forschungstätigkeit und ausdrücklich wissenschaftlich fundierte und evidenzbasierte Beratungstätigkeit frei und unabhängig auszuüben.
In seiner wissenschaftlichen Arbeit und Beratungsaktivität unterliegt es keinen Vorgaben und Auflagen und handelt unabhängig. Daneben wirbt das Institut im Wettbewerb regelmäßig Forschungs- und Beratungsaufträge ein, beispielsweise von Institutionen wie der Weltbank, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Volkswagen-Stiftung, der Thyssen-Stiftung, der Europäischen Union, dem Britischen Entwicklungshilfeministerium (DFID) und dem Bundeswirtschaftsministerium. Die vielfältigen Förderungen werden in geeigneter Weise benannt, insbesondere auf der Homepage des IZA.
Ökonomen sollen frei von Restriktionen forschen und beraten können. Das IZA hat bereits im April 2012 noch vor dem Verein für Socialpolitik (VfS), der Vereinigung der Ökonomen im deutschsprachigen Raum, einen eigenen Ethikkodex beschlossen, der Autoren unter anderem verpflichtet, transparent auf mögliche Interessenskonflikte hinzuweisen, und so die Objektivität der Wissenschaft zu sichern.