Hans-Werner Sinn (ifo-Institut und Universität München) über Klaus F. Zimmermann (Universität Bonn und Gründungsdirektor IZA)
Anläßlich der Veranstaltung “Herausforderungen der wissenschaftlichen Politikberatung” im Universitätsclub Bonn der Universität Bonn am 22. Februar 2016 wurde im Auftrag von Hans-Werner Sinn folgendes Schreiben verlesen:
“Verehrte Festversammlung,
da ich nicht persönlich dabei sein kann, möchte ich Ihnen und dem zu Verabschiedenden gerne diese Grußbotschaft zukommen lassen.
Ich kenne Klaus Zimmermann seit etwa über 40 Jahren. Er fiel mir als eifriger Student in meiner Übung zur Finanzwissenschaft an der Universität Mannheim auf. Als er sein Diplom machte, gelang es mir, meinen Chef, Hans-Heinrich Nachtkamp, zu überzeugen, ihm ein Angebot für eine Assistentenstelle zu machen. Er ging statt dessen zu Heinz König.
Wir waren dann viele Jahre Assistentenkollegen und haben auch privat einige Zeit miteinander verbracht. Ich schätzte stets seine gedankliche Schärfe und seinen Fleiß. Keiner machte ihm auf dem Gebiet der Arbeitsmarktökonomik und der Ökonometrie etwas vor. Ende der 1980er Jahre gelang es mir, ihn auf einen Makro-Lehrstuhl nach München zu holen. Dort krempelten wir als Dekane und in anderen Funktionen die Fakultät ziemlich um und haben so manche Initiative gemeinsam betrieben, von der die Fakultät noch heute profitiert. Klaus Zimmermann war auch im Beirat des von mir 1991 gegründeten CES.
Wir waren einige Jahre Kollegen, bis sich unsere Wege Ende der 1990er Jahre wieder trennten. Er ging nach Berlin zum DIW und gründete das IZA in Bonn. Ich ging zum ifo und gründete das CESifo-Netzwerk. Damals standen wir in einer gewissen Rivalitätsbeziehung zueinander. Irgendwann haben wir uns auch einmal gestritten wegen einer überraschend großen Zahl, die man in einer seiner Migrationstabellen fand, die er aber nicht so kommuniziert wissen wollte, wie ich es tat. Für die Journalisten war das köstlich, und unerfahren, wie wir waren, haben wir uns zu Äußerungen hinreißen lassen, die wir sicherlich heute beide bedauern.
Ich habe in dieser Zeit nie die Hochachtung vor seinem enormen Einsatz, seinen analytischen Fähigkeiten und seiner persönlichen Integrität verloren. Seine Migrationsforschung war bahnbrechend und wichtig, wie die heutigen Ereignisse in Europa zeigen.
Es gibt viele ideologische und naive Menschen auf der Welt, auch in der Wissenschaft. Klaus Zimmermann gehörte nicht dazu. Er war stets pragmatisch und wissenschaftlich wie gesellschaftspolitisch ein Schwergewicht.
Klaus Zimmermann hat das DIW grundlegend umgekrempelt und daraus eine hocheffiziente Institution gemacht, die in den Rankings nach oben schnellte. Er siedelte das Institut nicht nur physisch um, sondern sondern auch politisch. Aus einer stark gewerkschaftlich orientierten Einrichtung wurde ein respektables ökonomisches Forschungsinstitut im Spitzenbereich, das sich inhaltlich im Mainstream bewegte.
Das hat man ihm übelgenommen. Wie immer war es dann irgendein Vorwand, unter dem man ihn abschob, um wieder den alten Stallgeruch verbreiten zu können. Wenn man funktioniert, wird vieles toleriert, doch wenn man unangenehm ist, wird gesucht, bis man etwas findet, echtes oder auch nur vermeintlich echtes.
Die Institutspräsidentschaft ist ein Schleudersitz. Deswegen ist jedem, der dieses Amt antritt, dringend zu raten, sich eine absolut sichere Rückfallposition in der Universität zu sichern. Dann kann einem keiner was, und man traut sich den Mund aufzumachen.
Klaus Zimmermann hat auch am IZA Großes geleistet. Er hat das weltweit beste und wichtigste Netzwerk aus dem Bereich der Arbeitsökonomik aus dem Boden gestampft und Deutschland als Wissenschaftsstandort weltweit Anerkennung in unserer Disziplin verschafft.
Ein Hoch auf diesen Wissenschaftler, der sein Leben für die gute Sache eingesetzt hat!
Euch, lieber Klaus und liebe Astrid, alles Gute für die kommenden Jahre. Vielleicht wandern wir ja wieder einmal durch die Pfalz nach Frankreich, solange die Grenzen noch auf sind.
Herzliche Grüße auch von Gerlinde,
Euer Hans-Werner
21. 2. 2016
Hans-Werner Sinn, ifo Institut & LMU”
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Verfassers. Sinn ist Präsident des Ifo-Instituts und Universitätsprofessor der Universität München.