Bonn – Deutschland. Sonntag, 21. Januar 2018
“Die Sozialdemokraten haben auf ihrem außerordentlichen Parteitag in Bonn mit quälender Mehrheit die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union beschlossen. Es ist zu hoffen, daß der ökonomische und politische Musterknabe Deutschland bald wieder in die Spielhölle der EU- und Welt – Politik zurückkehrt. Das Land mit handlungsfähiger Regierung wird dort als stabilisierender Faktor dringend gebraucht.
Das war knapp und nicht unerwartet problematisch. Denn die SPD hat als Partei (auch schon zu Zeiten der Musterkanzler Schmidt und Schröder, nicht erst in den großen Koalitionen mit Merkel) die strukturell verankerte Neigung, sich Regierungsverantwortung zu verweigern. Ganz gleich, welche Regierungsleistungen sozialdemokratische Kanzler oder Minister auch zu verantworten hatten. Dies wird durch die Richtungsentscheidung von heute nicht gelöst. Im Gegenteil.
Die Knappheit des Ergebnisses, nur erzielt durch einen massiven Einsatz des breiten links-rechts Establishments der SPD, belegt, wie groß die Herausforderung der Führung der Partei ist. Wahrscheinlich kann diese Aufgabe nur durch eine Person geleistet werden, die nicht gleichzeitig Regierungsmitglied ist.
Die SPD hat heute nochmals eine Bewährungschance erhalten. Sollte sie dennoch am Ende in die Opposition gehen, so werden die darauf wahrscheinlich folgenden Neuwahlen diese Partei weiter zerfallen lassen. Für die Union unter Kanzlerin Merkel könnte das bedeuten, weiter an Stärke zu gewinnen. Nach einem Wahlsieg der CSU in Bayern könnte auch eine bundesweite Koalition mit den Grünen unter ihrer Führung wieder denkbar werden. Es bleibt spannend.”
Klaus F. Zimmermann ist Wirtschaftsprofessor der Universität Bonn (em.) und Präsident der Global Labor Organization (GLO). Er war Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und Gründungsdirektor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA).
Zimmermann am Sonntag vor dem Tagungsort des SPD Parteitages im Bonner Konferenzzentrum am Rhein.
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